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Vorbemerkung

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Noch immer ist der Hauptschulabschluss die Eintrittskarte in eine anerkannte Berufsausbildung. Dies bestätigt der aktuelle Bildungsbericht[1] des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Die Jugendlichen melden sich daher an der Berufseinstiegsschule mit dem Ziel an, den Hauptschulabschluss zu erwerben, um damit ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz zu erhöhen.

Neben der Orientierung am Schulabschluss sind es aber Passungsprobleme, die das Angebot an Ausbildungsplätzen und die Nachfrage der jungen Schulabsolventinnen und Schulabsolventen nicht übereinbringen. Dabei machen laut Bildungsbericht eignungs- und verhaltensbezogene vor berufsfachlichen und regionalen Passungsproblemen den größten Anteil aus.

Das Grundgesetz gibt auch dem Bildungssystem vor, dass niemand aufgrund seiner Herkunft – und hier sei ausdrücklich auch die sozial-ökonomische genannt – benachteiligt werden darf. Die Realität zeichnet allerdings ein anderes Bild: Die soziale Herkunft bestimmt den Schulverlauf in erheblichem Maße und ist einer der entscheidenden Faktoren für berufliche und damit gesellschaftliche Integration in Deutschland. Die Kultusministerkonferenz fordert in ihrem Beschluss "Demokratie als Ziel, Gegenstand und Praxis historisch-politischer Bildung und Erziehung in der Schule" (i. d. F. vom 11.10.2018) „die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, der Teilhabe aller Mitglieder und das Miteinander unterschiedlicher Ethnien und Kulturen, gerade in einem Zeitalter der Migration und anderer globaler Verflechtungen. […] Die Stärkung junger Menschen in ihrem Engagement für den demokratischen Rechtsstaat und ihrem entschiedenen Eintreten gegen antidemokratische und menschenfeindliche Haltungen und Entwicklungen ist Aufgabe von Schul- und Unterrichtsentwicklung […]“.

Persönliches Engagement unserer Schülerinnen und Schüler für den demokratischen Rechtsstaat setzt deren Gefühl voraus, Teil dieser Gesellschaft zu sein. Somit ist es Aufgabe des Bildungssystems, unsere Lernenden zur Teilhabe am beruflichen wie gesellschaftlichen Leben zu befähigen. In Zeiten des Fachkräftemangels geht damit einher, unsere Schülerinnen und Schüler, besonders die mit erhöhtem Unterstützungsbedarf, auch im Bereich der Digitalisierung soweit zu qualifizieren, dass sie durch die rasante technische Entwicklung den Anschluss an gesellschaftliches und berufliches Leben nicht verlieren.

Es muss in der Berufsvorbereitung die Kompetenzorientierung an die Stelle der Leistungsorientierung treten. Die Orientierung an Leistung und deren Bewertung hat bei vielen Schülerinnen und Schülern der Berufseinstiegsschule in ihrer schulischen Vergangenheit für Frustration und Demotivation gesorgt. Sie haben den Eindruck gewonnen, dass das bestehende System „die Anderen“ fördert und sie selbst zurücklässt.

Durch die Überführung bekannter und erfolgreicher Modelle wie „BVJ(-A)", „SPRINT“ und „BEK“ in die neue Berufseinstiegsschule bieten wir unseren Schülerinnen und Schülern ein mehrstufiges, vernetztes System an, welches ihren individuellen Bedarfen gerecht wird und dabei die Anforderung der Arbeitswelt nicht außer Acht lässt. Ergänzt wird das Vollzeitangebot durch Teilzeitmodelle der Berufseinstiegsschule. In diesem Rahmen nehmen die Lernenden an einer geförderten Einstiegsqualifizierung teil, damit sie eine Verbindung zu einem Ausbildungsbetrieb oder zukünftigen Arbeitsgeber aufbauen und parallel dazu den Hauptschulabschluss erwerben beziehungsweise weiter individuelle Sprachförderung erhalten können.

In der Klasse 1 der Berufseinstiegsschule verzichten wir auf das Ausweisen traditioneller Unterrichtsfächer, wie sie unsere Lernenden aus ihrer schulischen Vergangenheit kennen. An ihre Stelle tritt fächerübergreifender, an den Kompetenzen und Bedarfen der Schülerinnen und Schülern orientierter Unterricht in Unterrichtsmodulen. Die Schülerinnen und Schüler werden bei der Arbeit an praxisorientierten Lernsituationen den beruflichen Kontext erkennen. Fächer, an denen sie bisher scheiterten, treten in den Hintergrund gegenüber der individuellen Kompetenzförderung. Somit rückt auch der inklusive Ansatz in den Mittelpunkt: Durch zieldifferenten, auf die Bedarfe der Schülerinnen und Schüler ausgerichteten Unterricht stellt sich nicht mehr die Frage nach inklusiver Förderung, Inklusion ist Unterrichtkonzept.

Das Kommissionsteam

 

[1] Danach münden in Deutschland nur ca. 30%  der Schülerinnen und Schüler ohne (Hauptschul-) Abschluss in eine duale Vollausbildung, während ca. 70% im sogenannten Übergangssektor aufgenommen werden.

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